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Behinderungsanzeigen durch AN oder AG

Facility Management: Planungs- und Baubegleitung » Konzeption » Bauprojekte » Behinderungsanzeige

Behinderungsanzeigen durch Auftraggeber und Auftragnehmer im Kontext von Bauprojekten

Behinderungsanzeigen durch Auftraggeber und Auftragnehmer im Kontext von Bauprojekten

Großbauvorhaben – z. B. Fabrikbauprojekte – sind zeitlich und organisatorisch hochkomplex. Behinderungsanzeigen sind in diesem Kontext formelle Mitteilungen eines Vertragspartners über Umstände, die den Bauablauf stören oder verzögern. Sie dienen der transparenten Kommunikation von Bauablaufstörungen und sollen dem Adressaten ermöglichen, gegenzusteuern. Typische Behinderungsgründe sind z.B. extreme Wetterlagen, fehlende Genehmigungen, verspätete Planlieferungen oder unvorhergesehene Baugrundprobleme. Im deutschen Baurecht spielen Generalunternehmerverträge (GU-Verträge) eine zentrale Rolle: Der GU übernimmt hier sämtliche Bauleistungen, häufig auch Planungskoordination, und schließt seinerseits Verträge mit Nachunternehmern. Behinderungsanzeigen können daher sowohl zwischen Auftragnehmer (AN) und Auftraggeber (AG) auftreten als auch zwischen GU und seinen Nachunternehmern – jeweils mit unterschiedlichen rechtlichen Pflichten und Folgen. Sie stehen am Schnittpunkt von rechtlicher Obliegenheit, kommunikativem Werkzeug und strategischem Claim-Management. Für ein Großbauvorhaben – insbesondere im Fabrikbau – ist ein fundiertes Verständnis der rechtlichen Einordnung und praktischen Handhabung von Behinderungsanzeigen essenziell, um Bauzeitstörungen sachgerecht zu bewältigen und Rechtsnachteile zu vermeiden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Fabrikbauprojekte ein intensives Behinderungsmanagement erfordern. Aufgrund der Verzahnung von Bau und Produktion sind Störungen wahrscheinlicher, und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen sind hoch (z.B. Produktionsausfallkosten). GU-Verträge in diesem Bereich spiegeln das oft wider, indem sie engmaschige Meldepflichten, straffe Zeitpläne und oft auch Bonus-Malus-Systeme (für Einhaltung oder Überschreitung von Terminen) vorsehen. Eine Behinderungsanzeige kann in solchen Projekten nicht nur defensiv (zur Absicherung von Ansprüchen) genutzt werden, sondern auch offensiv: etwa um frühzeitig einen Termin neu zu verhandeln oder zusätzliche Ressourcen anzufordern. Es hat sich gezeigt, dass in Großfabrikprojekten regelmäßige Jour fixe-Runden stattfinden, in denen Bauzeitenabweichungen sofort auf den Tisch kommen – de facto werden Behinderungsanzeigen hier oft in Besprechungsprotokollen und Beschleunigungsplänen „verarbeitet“, bevor sie formal zum Streit werden.

Die Branchenspezifika ändern nichts daran, dass die rechtlichen Grundlagen (BGB, VOB/B) für alle Bauverträge gelten. Aber sie modifizieren die Schwerpunktbereiche: Im Fabrikbau sind insbesondere die Mitwirkungspflichten des AG (Planung, Zulieferung) und die Koordination mehrerer Projektbeteiligter entscheidend.

Zivilrechtliche Grundlagen: Behinderung und Verzug in BGB und VOB/B

Behinderung und Verzug in BGB und VOB/B

  • BGB-Werkvertragsrecht: Bis zur Reform 2018 enthielt das Werkvertragsrecht im BGB keine ausdrücklichen Regelungen zu Behinderungen im Bauablauf. Auch nach Einführung des speziellen Bauvertragsrechts (§§ 650a ff. BGB) bleibt der Begriff Behinderung gesetzlich undefiniert. Gleichwohl spielen allgemeine zivilrechtliche Institute eine wichtige Rolle: Wird der Auftragnehmer an der Ausführung gehindert, ohne dass er dies zu vertreten hat, so gerät er nicht in Verzug (§ 286 BGB setzt eigenes Verschulden voraus). Insbesondere wenn der AG eine erforderliche Mitwirkungspflicht unterlässt – etwa Pläne, Genehmigungen, Zugang zur Baustelle oder Vorleistungen nicht rechtzeitig bereitstellt – kommt der AG in Annahmeverzug (§§ 293 ff. BGB). Ein solcher Annahmeverzug löst gesetzliche Folgen aus: Zum einen trägt der AG dann das Leistungs- und Vergütungsrisiko (vgl. § 615 BGB), zum anderen gewährt § 642 BGB dem Unternehmer einen Anspruch auf angemessene Entschädigung für die durch die Verzögerung entstandene Wartezeit. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der AN dem AG die Behinderung angeboten hat, d.h. ihn über die Leistungsbereitschaft und das Hindernis informiert hat – in der Praxis durch eine Behinderungsanzeige. Ohne Behinderungsanzeige oder ein wörtliches Angebot gerät der Besteller nicht in Annahmeverzug, es sei denn der Umstand war für ihn offenkundig. Verzögert sich die Leistung aus neutralen Gründen (weder von AG noch AN zu vertreten, z.B. höhere Gewalt), wird der Leistungszeitraum nach den Grundsätzen von § 275 Abs.1 BGB entsprechend verlängert; der AN bleibt schuldrechtlich zur Leistung verpflichtet, gerät aber nicht in Verzug und haftet nicht auf Verzögerungsschaden. Gerät hingegen der AN in Verzug (etwa weil die Verzögerung auf von ihm zu vertretende Umstände – Planungsfehler, zu geringe Kapazitäten etc. – zurückzuführen ist), kann der AG nach Mahnung und Fristsetzung Schadensersatz verlangen (§§ 280, 281 BGB) oder unter Voraussetzungen den Vertrag kündigen (§§ 648a, 649 BGB a.F.; jetzt § 648a BGB n.F. für außerordentliche Kündigung). Zu beachten ist, dass seit 2018 bei Verbraucherbauverträgen ein verbindlicher Fertigstellungstermin oder eine Bauzeitdauer vereinbart werden muss (§ 650k Abs.3 BGB) – dies erleichtert es dem Besteller, im Verzugsfall Ansprüche wie Schadensersatz oder Vertragsstrafe durchzusetzen.

  • VOB/B-Regelungen: Im Gegensatz zum BGB enthält die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B) – die als Allgemeine Geschäftsbedingung in viele Bauverträge einbezogen wird – detaillierte Bestimmungen zur Behinderung. § 6 VOB/B („Behinderung und Unterbrechung der Ausführung“) regelt Ablauf und Rechtsfolgen einer Behinderung. § 6 Abs.1 VOB/B verpflichtet den Auftragnehmer, “glaubt [er] sich in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert,“ diese Umstände unverzüglich und schriftlich dem Auftraggeber anzuzeigen. Unterlässt er die Anzeige, kann er die hindernden Umstände später grundsätzlich nicht als Entschuldigungs- oder Anspruchsgrundlage geltend machen – es sei denn, der AG war die Behinderung und deren Auswirkungen offenkundig bekannt. § 6 Abs.2 VOB/B nennt typisierte Behinderungsgründe, die eine Verlängerung der Ausführungsfristen bewirken: Umstände aus dem Risikobereich des AG, Streik/Aussperrung und Fälle höherer Gewalt oder sonstige unabwendbare Umstände. Hingegen „Witterungseinflüsse, mit denen bei Abgabe des Angebots normalerweise gerechnet werden musste,“ gelten nicht als Behinderung – gewöhnliches Schlechtwetter ist also vom AN einzuplanen, während außergewöhnliche Wetterlagen (z.B. statistisch nur alle 10–15 Jahre auftretende Extremfröste) als höhere Gewalt einzustufen sind. § 6 Abs.3 VOB/B statuiert die Pflicht des AN, bei einer Behinderung „alles zu tun, was ihm billigerweise zugemutet werden kann,“ um die Bauarbeiten fortzuführen. Sobald die hindernden Umstände entfallen, muss der AN „unverzüglich die Arbeiten wieder aufnehmen und den Auftraggeber davon benachrichtigen.“. Damit korrespondiert die Obliegenheit des AG, nach einer Behinderungsanzeige seinerseits lösungsorientiert mitzuwirken (dazu sogleich unter Pflichten). § 6 Abs.4 VOB/B beschreibt die Berechnung einer neuen Ausführungsfrist: Verlängerung um die Dauer der Behinderung plus Zuschlag für Wiederanlauf und evtl. ungünstigere Witterungsperioden. § 6 Abs.5 VOB/B regelt Teilabrechnungen bei längeren Unterbrechungen. Wichtig sind schließlich die Anspruchsgrundlagen des § 6 Abs.6 VOB/B: Satz 1 gewährt bei verschuldeter Behinderung einen Schadensersatzanspruch – z.B. zugunsten des AN, wenn der AG die Behinderung zu vertreten hat. Allerdings ist entgangener Gewinn nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Störers ersatzfähig. Daneben sieht § 6 Abs.6 Satz 2 VOB/B einen Anspruch auf Entschädigung analog § 642 BGB vor, wenn niemand ein Verschulden trifft (insbesondere bei vom AG nicht verschuldeten, aber von seiner Sphäre ausgehenden Behinderungen). Diese duale Systematik – Schadensersatz bei Pflichtverletzung des Vertragspartners, verschuldensunabhängige Entschädigung bei neutralen Behinderungsursachen – entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH. Auch Vertragsstrafe kann in VOB/B-Verträgen bei Verzugsfällen vereinbart werden (§ 11 VOB/B); tritt eine berechtigte Behinderung ein, verschieben sich jedoch die Fristen, sodass keine Vertragsstrafe für den verzögerten Zeitraum anfällt. Ohne vertragliche Sonderregeln (reiner BGB-Vertrag) gelten die allgemeinen Verzugsregeln und die beiderseitigen Pflichten zur Vertragsdurchführung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB). Eine Behinderungsanzeige ist hier zwar gesetzlich nicht ausdrücklich normiert, wird aber aus § 242 BGB abgeleitet: Nur wer seinen Vertragspartner über Störungen informiert, kann „störungsbedingte Ansprüche“ wie Fristverlängerung, Entschädigung oder Schadensersatz erfolgreich begründen. Mit VOB/B-Klauselwerk im Vertrag greifen dagegen die speziellen Mechanismen des § 6 VOB/B, die eine klare Verfahrensordnung vorgeben: Anzeigeobliegenheit des AN, automatische Fristverlängerung bei anerkannten Behinderungsgründen und differenzierte Ansprüche je nach Verantwortungsbereich. Die VOB/B als DIN-Norm 1961 schließt insofern bewusst die Lücke, die das dispositive Werkvertragsrecht des BGB hinsichtlich bauzeitlicher Störungen lässt. Ihre Regelungen gelten aber nur, wenn die VOB/B wirksam vereinbart wurde (beispielsweise ist sie bei öffentlichen Aufträgen verpflichtend einzubeziehen).

Pflichten und Obliegenheiten von Auftragnehmer und Auftraggeber bei Behinderungsanzeigen

  • Pflichten des Auftragnehmers (AN): Den Hauptteil der formellen Last trägt der Auftragnehmer: Er muss eine Behinderung unverzüglich anzeigen. Unverzüglich bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 BGB); praktisch wird verlangt, dass der AN die Anzeige sofort nach Erkennen der Störung abgibt – bei akuten Behinderungen noch am selben Tag. Schriftform ist im VOB/B-Vertrag vorgeschrieben (§ 6 Abs.1); bei BGB-Verträgen ist sie aus Beweisgründen dringend zu empfehlen. Die Anzeige sollte sachlich konkret die Ursache der Behinderung, den Beginn und voraussichtliche Umfang der Verzögerung darlegen. Der Bundesgerichtshof betont den Warn- und Informationszweck der Behinderungsanzeige: Sie soll den AG in die Lage versetzen, die Störung zu beseitigen oder abzumildern. Daher genügt es nicht, bloß allgemein auf „Behinderung“ hinzuweisen; die Tatsachen und Auswirkungen müssen so klar beschrieben sein, dass der AG die Tragweite erkennen kann. Eine ordnungsgemäße Anzeige muss z.B. enthalten, welche konkreten Arbeiten nicht wie vorgesehen ausgeführt werden können und welche Mitwirkung des AG eventuell benötigt wird. Versäumt der AN die Behinderungsanzeige, gilt dies als Obliegenheitsverletzung: Er läuft Gefahr, Rechte zu verlieren – etwa den Anspruch auf Bauzeitverlängerung oder Mehrkosten. Nach § 6 Abs.1 VOB/B kann der AN eine Verlängerung nur verlangen, wenn er angezeigt hat (es sei denn, die Umstände waren dem AG ohnehin bekannt). Auch im BGB-Vertrag wird eine unterlassene Anzeige je nach Umständen als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet, der Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche vereiteln kann. Deshalb lautet der praktische Rat: lieber einmal zu viel anzeigen als zu wenig. Nur in seltenen Ausnahmefällen darf der AN auf eine Anzeige verzichten – nämlich wenn die Behinderung für den AG offenkundig ist, d.h. dieser ohne Mitteilung sofort und eindeutig erkennt, was geschehen ist und welche Auswirkungen eintreten. Hiervon sollte der AN aber zurückhaltend Gebrauch machen; die Praxis zeigt, dass AN oft fälschlich „Offenkundigkeit“ annehmen und dadurch ihre Position schwächen. Im Zweifel ist die schriftliche Anzeige stets vorzuziehen.

  • Neben der Anzeigepflicht treffen den AN weitere Obliegenheiten. Während der Behinderung muss er seine Leistung – soweit zumutbar – provisorisch aufrechterhalten oder alternative Arbeiten vorziehen, um den Stillstand zu minimieren. § 6 Abs.3 VOB/B fordert ausdrücklich, dass der AN „alles Zumutbare“ unternimmt, um die Weiterführung der Arbeiten zu ermöglichen. Beispielsweise kann vom AN erwartet werden, bei Lieferverzug einzelner Bauteile den Bauablauf umzudisponieren, andere Gewerke vorzuziehen oder Mehrschichtbetrieb anzubieten, soweit realistisch. Dieses Mitwirkungserfordernis des AN korrespondiert mit der Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs.2 BGB): Er darf nicht untätig warten, wenn er die Auswirkungen mildern kann. Sobald die Behinderung endet, ist der AN verpflichtet, ohne Verzögerung die Arbeit wiederaufzunehmen und den AG hiervon zu unterrichten. Auch wenn § 6 Abs.3 VOB/B kein ausdrückliches Anzeigen des Wegfalls verlangt, wird es im Sinne einer lückenlosen Dokumentation empfohlen. Schließlich muss der AN Bauablaufdokumentation führen (Bautagesberichte, Behinderungsprotokolle etc.), um im Streitfall die Kausalität von Behinderungen belegen zu können. Die Darlegungs- und Beweislast für eine Bauzeitverlängerung oder Mehrkosten wegen Behinderung liegt beim AN. Der BGH fordert eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung: Der Unternehmer muss für jede Behinderung substantiiert vortragen, welche Pflichtverletzung oder welches Ereignis die Verzögerung verursacht hat und welche konkreten Arbeiten betroffen waren. Pauschale Hinweise reichen nicht – der detaillierte Vergleich zwischen vorgesehenem und gestörtem Bauablauf ist erforderlich, um Ansprüche zu untermauern.

  • Pflichten des Auftraggebers (AG): Obwohl primär der AN aktiv werden muss, treffen auch den Auftraggeber wichtige Mitwirkungs- und Rücksichtsnahmepflichten. Zunächst hat der AG von vornherein alles zu unterlassen, was den AN bei der vertragsgemäßen Leistungserbringung hindern könnte. Dazu zählt die rechtzeitige Erfüllung eigener Vorleistungspflichten: Bereitstellung des Baugeländes, Übermittlung vollständiger Ausführungspläne, Erteilung erforderlicher Entscheidungen und Anordnungen sowie Beschaffung behördlicher Genehmigungen (sofern nicht vertraglich dem AN übertragen). Unterlässt der AG solche Mitwirkungen oder kommt er mit Zahlungen in Verzug, begründet dies eine Behinderung aus seinem Risikobereich. Beispiel: Verzögerte Baugenehmigungen oder späte Planfreigaben durch den Bauherrn zählen typischerweise zu AG-seitigen Behinderungsursachen. In solchen Fällen gerät der AG in Annahmeverzug (§§ 293 ff. BGB) und muss dem AN gemäß § 642 BGB eine Entschädigung für die Stillstandszeit zahlen. Außerdem kann eine schuldhafte Pflichtverletzung des AG (z.B. verspätete Plangabe trotz vertraglicher Frist) Schadensersatzansprüche des AN auslösen (§§ 280, 286 BGB). Nach Erhalt einer Behinderungsanzeige obliegt dem AG eine Reaktion: Zwar besteht keine ausdrückliche gesetzliche Antwortpflicht, doch gebietet der Kooperationsgrundsatz, dass der AG unverzüglich prüft, ob er die Ursache der Behinderung beseitigen kann. Die Behinderungsanzeige ist kein „Angriff“ des AN, sondern im Ideal eine Bitte um Problemlösung. Ein umsichtiger AG wird daher bei berechtigter Anzeige Maßnahmen ergreifen, um den Bauablauf wiederherzustellen – etwa zusätzliche Pläne liefern, Entscheidungsprozesse beschleunigen, Ersatzlieferanten aktivieren oder behördliche Stellen einschalten. In der Praxis reagieren AG auf Anzeigen mitunter defensiv (Zurückweisungen oder Schweigen). Allerdings macht § 6 Abs.1 VOB/B klar, dass selbst eine Zurückweisung der Anzeige sie nicht unwirksam macht; die Frage ihrer Berechtigung wird letztlich im Streitfall geklärt. Der AG tut also gut daran, auf eine Behinderungsanzeige sachlich zu reagieren – idealerweise schriftlich, um den Fortgang zu dokumentieren. Lehnt der AG die behauptete Behinderung ab, trägt er das Risiko, dass ein Gericht später doch eine Behinderung anerkennt und ihm Verzugsfolgen anlastet. Umgekehrt sollte der AG berechtigte Anzeigen akzeptieren und gemeinsam mit dem AN Lösungen (Bauzeitverlängerung, geänderte Bauorganisation) vereinbaren.

  • Zu den Pflichten des AG gehört ferner die Anpassung des Bauzeitplans an veränderte Umstände. Bei einer erheblichen Verzögerung muss der Bauherr – oft in Abstimmung mit dem GU – einen aktualisierten Terminplan vorlegen. Wichtig ist rechtlich, dass eine solche Mitteilung der neuen Termine keine „Anordnung“ im Sinne von § 2 Abs.5 VOB/B darstellt. Der BGH hat klargestellt, dass die bloße Mitteilung einer behinderungsbedingt verzögerten Bauzeit (etwa durch Übersendung angepasster Ablaufpläne) nicht als einseitige Vertragsänderung gewertet werden kann. Vielmehr ergibt sich die Verschiebung der Fristen aus der vertraglichen Vereinbarung der VOB/B-Regeln selbst, nicht durch einen zusätzlichen Änderungsbefehl des AG. Folge: Der AG kann in solchen Fällen keine Mehrvergütung nach § 2 Abs.5 VOB/B verlangen oder schuldet umgekehrt keine gesonderte Vergütung – die Rechtsfolgen beschränken sich auf Zeitverlängerung und ggf. Entschädigung/Schadensersatz gemäß § 6 Abs.6 VOB/B. Abschließend sei auf die Kommunikation mit Nachunternehmern hingewiesen: In GU-Verträgen muss der GU (als AG gegenüber seinen Subs) Behinderungsanzeigen dieser Nachunternehmer entgegennehmen und entsprechend reagieren. Umgekehrt ist der GU verpflichtet, relevante Behinderungen, die vom Bauherrn verursacht wurden, an seine Nachunternehmer weiterzugeben oder sein Koordinationsverschulden zu vermeiden. Zwar besteht kein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen dem Bauherrn (AG) und den Nachunternehmern, doch treffen den GU hier Vermittlungs- und Weiterleitungspflichten im Rahmen seiner Koordinationsverantwortung. Die vertragliche Gestaltung entscheidet, ob Nachunternehmer eigene Ansprüche bei Behinderung gegenüber dem GU haben; üblich sind vertraglich ähnliche Anzeigepflichten in den Nachunternehmerverträgen (als Spiegel der VOB/B-Pflichten). Insgesamt verlangt das Behinderungsmanagement von beiden Seiten kooperatives Verhalten: Der AN muss transparent auf Probleme hinweisen, der AG konstruktiv an Lösungen mitwirken. Nur so lässt sich ein „harter Schlagabtausch“ vermeiden, der letztlich beiden Seiten schadet.

Rolle der Behinderungsanzeige im Nachtrags- und Vertragsmanagement

Die Behinderungsanzeige ist ein zentrales Instrument des Bau-Projektmanagements, um Bauzeitstörungen vertraglich zu bewältigen. Im Nachtragsmanagement dient sie als Auslöser für Ansprüche: Ein Nachtrag in Bauprojekten ist jede Vertragsänderung hinsichtlich Zeit, Leistung oder Vergütung. Tritt eine Behinderung ein, steht zunächst die Bauzeitverlängerung im Vordergrund – diese gilt juristisch nicht als „Nachtrag“ einer Leistung, sondern als Anpassung der Fristen, die meist direkt aus dem Vertrag (VOB/B oder gesetzlich) folgt. Dennoch wird in der Baupraxis häufig von „Nachtrag wegen Bauzeitverlängerung“ gesprochen. Eine formal korrekte Behinderungsanzeige legt den Grundstein, damit die Vertragsparteien die Termine anpassen und – falls einschlägig – über Mehrvergütungsansprüche verhandeln können. Wichtig: Nicht jede Bauzeitverzögerung führt zu einem Vergütungsnachtrag. Nach der Systematik der VOB/B begründet eine Behinderung keinen zusätzlichen Vergütungsanspruch nach § 2 Abs.5 VOB/B, da keine geänderte Leistung angeordnet wurde. Beispiel: Wenn extreme Kälte den Bau 4 Wochen stoppt, verlängert sich die Bauzeit um 4 Wochen (vertraglich gemäß § 6 Abs.2 VOB/B), aber der AN kann dafür nicht automatisch einen Mehrkosten-Nachtrag stellen – es sei denn, es entstehen tatsächliche Mehrkosten (etwa Winterbau-Maßnahmen) oder der AG hat die Verzögerung verschuldet. In letzterem Fall käme Schadensersatz ins Spiel: Der AN müsste die konkreten Mehrkosten der Verzögerung darlegen (z.B. Vorhaltekosten für Geräte, Löhne für Wartezeiten) und vom AG ersetzt verlangen. Hier fungiert die Behinderungsanzeige als Dokumentations- und Nachweisinstrument. Sie fixiert Zeitpunkt und Grund der Störung und zeigt dem AG die drohenden Folgen an. Viele öffentliche Auftraggeber verlangen standardisierte Behinderungsanzeigen und führen ein Baustellenprotokoll, um spätere Nachträge sachlich prüfen zu können.

Im Vertragsmanagement hat die Behinderungsanzeige die Rolle eines Frühwarnsystems. Sie ermöglicht es, Konflikte möglichst vorwerfungsfrei zu lösen, bevor Termine und Kosten eskalieren. Idealerweise führt eine Behinderungsanzeige zu einer Vertragsänderung in beiderseitigem Einvernehmen: beispielsweise Abschluss einer Zusatzvereinbarung über neue Fristen oder Entschädigungen. In komplexen GU-Verträgen wird oft ein förmliches Claim-Management betrieben, bei dem jede Behinderung als Claim-Ereignis erfasst wird. Der GU prüft intern, ob ein Nachtragsanspruch gegenüber dem AG besteht (z.B. Verlängerungsanspruch oder Kostenersatz) und meldet diesen fristgerecht an. Gleichzeitig muss er gegenüber Nachunternehmern Claims managen: Hat etwa ein Nachunternehmer Anrecht auf Zeitverlängerung, muss der GU dies koordinieren. Eine klare Behinderungsanzeige schafft insoweit Rechtssicherheit: Sie definiert den Zeitpunkt, ab dem eine „Störung des Bauablaufs“ anerkannt wird, und grenzt diese vom normalen Baufortschritt ab. Moderne Bauverträge enthalten häufig Claim-Klauseln, wonach Ansprüche innerhalb gewisser Fristen nach einer Behinderung angemeldet werden müssen, andernfalls verfallen sie. Die Behinderungsanzeige ist in diesem Kontext der erste Schritt der Anspruchsanmeldung. Sie wird meist gefolgt von einer Nachtragskalkulation, in der der AN die geforderte Verlängerung und etwaige Mehrkosten beziffert. Das Vertragsmanagement-Team des AG prüft dann, ob die Behinderung anerkannt wird und wie verfahren werden soll (z.B. Bauzeitverlängerung gewähren, beschleunigende Maßnahmen anordnen oder Streit über Verantwortlichkeit führen). Die Qualität der Behinderungsanzeigen entscheidet oft über den Ausgang solcher Verhandlungen: Sind sie detailliert und plausibel, werden Nachtragsansprüche eher akzeptiert; sind sie lückenhaft, werden sie abgelehnt. Nicht zuletzt hat die Behinderungsanzeige präventive Wirkung: Sie sensibilisiert den AG früh für Probleme. So kann dieser ggf. gegensteuern, z.B. zusätzliche Ressourcen bereitstellen oder Hindernisse beseitigen, bevor größere Verzögerungsschäden entstehen. Wird hingegen auf Anzeigen verzichtet oder zu spät reagiert, landen Konflikte eher vor Gericht.

Es ist die Behinderungsanzeige ein elementares Werkzeug des Bauprojekt-Controllings. Sie verbindet rechtliche und technische Projektsteuerung: auf ihrer Grundlage werden Bauzeitenpläne fortgeschrieben, Vertragsfristen angepasst und Ansprüche durchgesetzt. Die aktuelle BGH-Rechtsprechung hat die Bedeutung dieses Instruments weiter betont – insbesondere durch Anforderungen an Inhalt und Form der Anzeige sowie an die Darlegung von Bauablaufstörungen im Prozess (siehe nächster Abschnitt).

Technische Normen und Standards im Zusammenhang mit Behinderungen

  • Im Bauwesen existieren neben den juristischen Regelwerken auch technische Normen und Standardwerke, die für das Behinderungs- und Bauzeitmanagement relevant sind. An erster Stelle ist die bereits erwähnte VOB/B zu nennen, die als DIN 1961 veröffentlicht ist. Als DIN-Norm bringt sie zum Ausdruck, dass ihre Regeln (etwa zu Behinderungsanzeigen und Fristverlängerungen) quasi als anerkannte Regeln der Vertragsgestaltung im Bau gelten – zumindest dort, wo sie vereinbart wurde. Die VOB/B wurde geschaffen, um das Fehlen spezifischer Bauzeitregelungen im Gesetz zu kompensieren. Daneben gibt es Normen für die Terminplanung und Projektsteuerung, die indirekt Einfluss auf den Umgang mit Behinderungen haben. Beispielsweise definieren die DIN 69900 ff. bzw. die Nachfolgenormen (DIN ISO 21500 u.a.) die Methoden der Netzplantechnik und des Projektmanagements. Ein Bauzeitenplan, der nach diesen Standards erstellt ist, erleichtert es, den kritischen Pfad eines Projekts zu identifizieren und Verzögerungen zu analysieren. DIN 69901-5 etwa enthält Begriffe und Vorgehensweisen zur Terminplanung; bei Anwendung solcher Normen können Bauablaufstörungen standardisiert erfasst und als Abweichung vom Baseline-Plan ausgewiesen werden. Zwar sind diese Projektmanagement-Normen nicht rechtsverbindlich, aber viele Bauverträge – vor allem mit professionellen GU – verlangen einen Terminplan nach anerkannten Standards. Im Streitfall greifen Sachverständige oft auf solche Normbegriffe zurück, um zu beurteilen, ob eine Verzögerung „kritisch“ für den Gesamttermin war. Ein Beispiel ist die Methode des „Time-Impact-Analysis“ (TIA), die international in Standards beschrieben ist (z.B. in den Richtlinien der AACEI) und auch in deutschen Prozessen zur Nachweisführung von Behinderungsfolgen angewandt wird.

  • Technische Regelwerke spielen ferner eine Rolle, wenn es um bestimmte Behinderungsursachen geht. So gibt es für Baugrunderkundung (DIN 4020) und Baugrundbeschreibung Normen, die definieren, welchen Untersuchungsumfang der AG typischerweise schuldet. Werden diese Normen nicht eingehalten, und kommt es deshalb zu unerwarteten Baugrundhindernissen, kann das als AG-Verschulden gewertet werden. Ähnlich verhält es sich mit Witterungsrichtwerten: Der Deutsche Wetterdienst und die Bauverbände veröffentlichen statistische Wetterdaten (Frosttage etc.), die herangezogen werden, um zu beurteilen, ob Wetter „normal“ oder „außergewöhnlich“ war. Hier ist zwar keine DIN-Norm einschlägig, aber standardisierte Wetterkalender (z.B. das Bauwetter-Calendar der Forschungsgesellschaft für Straßenwesen) dienen als Referenz.

  • Schließlich sei auf vergleichbare internationale Standards hingewiesen: In der Schweiz regelt die SIA-Norm 118 das Bauvertragswesen, inklusive Fristverlängerungen und Behinderungsmeldungen, ähnlich detailliert wie die VOB/B. In Österreich enthält die ÖNORM B 2110 entsprechende Bestimmungen (dort als „Bauzeitverzögerungsanzeige“ bezeichnet). Auf internationaler Ebene sind die Verträge der FIDIC (Fédération Internationale des Ingénieurs-Conseils) relevant, die in Großprojekten oft eingesetzt werden. Sie sehen ebenfalls Notice of Delay-Klauseln vor, die dem hiesigen Behinderungsanzeige-Institut entsprechen. So muss der Contractor nach FIDIC Red Book den Engineer unverzüglich schriftlich von Verzögerungen unterrichten, um eine Extension of Time zu erlangen. Diese Parallelbetrachtung zeigt, dass das Erfordernis der Behinderungsanzeige kein Spezifikum des deutschen Rechts ist, sondern im internationalen Baurecht als best practice gilt – wenngleich die Details (Fristen, Form, Inhalt) normativ unterschiedlich ausgestaltet sind.

  • Es sorgen technische Normen und Standards dafür, dass Behinderungen im Bauablauf planerisch antizipiert und sauber dokumentiert werden. Während DIN 1961 (VOB/B) den rechtlichen Rahmen setzt, geben Projektmanagement-Normen methodische Hilfestellung. Diese Verzahnung von Technik und Recht erleichtert die Behandlung von Behinderungsfällen erheblich: Ein normgerechter Bauzeitenplan und lückenlose Aufzeichnungen nach Standard bilden die Grundlage, um etwaige Ansprüche später gerichtsfest nachzuweisen.

Arbeitsrechtliche Implikationen von Bauzeitbehinderungen

  • Bauzeitverzögerungen wirken sich nicht nur auf den Vertrag zwischen AG und AN aus, sondern können auch arbeitsrechtliche Folgen haben. Gerade bei Großprojekten beschäftigen die Auftragnehmer zahlreiche gewerbliche Arbeitnehmer, deren Einsatzplanung durch Baustellenstopps durcheinandergerät. Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber (hier das Bauunternehmen als AN) das Betriebsrisiko (§ 615 Satz 3 BGB): Können Arbeitnehmer aufgrund einer Betriebsstörung – wozu auch ein Baustellenstillstand zählt – ihre Arbeitsleistung nicht erbringen, behalten sie dennoch ihren Entgeltanspruch, sofern nicht besondere Regelungen greifen. In der Bauwirtschaft existieren allerdings spezielle tarifliche Bestimmungen für witterungsbedingten Arbeitsausfall. Nach dem Bundesrahmentarifvertrag Bau (BRTV) haben gewerbliche Bauarbeiter „keinen Anspruch auf Lohn, wenn die Arbeitsleistung aus Witterungsgründen ausfällt“. Stattdessen werden zunächst Arbeitszeitguthaben abgebaut oder – in der Schlechtwetterperiode (1. Dezember bis 31. März) – Saison-Kurzarbeitergeld gezahlt, um Lohnausfälle teilweise zu kompensieren. Praktisch bedeutet das: Muss die Baustelle wegen Schneefalls ruhen, kann der Arbeitgeber die Belegschaft vorübergehend auf Kurzarbeit Null setzen und erhält eine Erstattung durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Mitarbeiter bekommen in dieser Zeit Kurzarbeitergeld, das geringer ist als der volle Lohn. Ansprüche der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber auf normalen Lohn bestehen insoweit tariflich nicht.

  • Anders liegt der Fall jedoch, wenn die Behinderung nicht witterungsbedingt ist, sondern aus vom Arbeitgeber (oder dessen Auftraggeber) zu vertretenden Umständen resultiert. Beispiel: Der Bauherr liefert ein vom Unternehmen benötigtes Planungsdetail verspätet, weshalb die Kolonne auf der Baustelle nicht weiterarbeiten kann. Hier greifen keine Witterungstarife; die Arbeiter stünden grundsätzlich bereit, können aber mangels Plan nicht arbeiten. Nach § 615 BGB müsste der Arbeitgeber nun gleichwohl Löhne zahlen (Annahmeverzug des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern). Diese Lohnkosten sind im Bauvertrag ein Schaden, den der AN als Behinderungsmehrkosten vom AG ersetzt verlangen kann – sofern der AG die Verzögerung verschuldet hat oder in Annahmeverzug geriet. Tatsächlich hat z.B. das OLG Celle entschieden, dass freigestellte Arbeitnehmerlöhne aufgrund einer AG-Behinderung erstattungsfähiger Schaden des AN sind. Allerdings nur in Höhe der tatsächlichen Lohnkosten – der entgangene Gewinn des AN bei produktivem Einsatz bleibt außen vor, sofern kein grobes Verschulden des AG vorliegt. Der Arbeitgeber (AN) sollte also bei einer Behinderung sorgfältig dokumentieren, welche Arbeitnehmer er trotz Stillstands weiterbezahlt hat, um diese Kosten gegenüber dem AG geltend zu machen. Auf der anderen Seite ist er gehalten, die Mitarbeiter im Rahmen des Möglichen anders einzusetzen, um Schaden zu mindern. Gelingt es z.B., die Bauarbeiter auf einer anderen Baustelle vorübergehend zu beschäftigen, muss sich der AN den dadurch erwirtschafteten Lohnanteil auf einen Entschädigungsanspruch anrechnen lassen – der BGH hat klargestellt, dass anderweitiger Einsatz die Entschädigung nach § 642 BGB reduziert, unabhängig davon ob es sich um einen „Füllauftrag“ handelt.

  • Mitteilungspflichten gegenüber Beschäftigten: Treten Behinderungen ein, muss der Bauunternehmer auch arbeitsorganisatorisch reagieren. Die Arbeitsschutzvorschriften verlangen, dass Arbeitnehmer nicht unnötig Gefahren ausgesetzt werden. Beispiel: Bei Gefahr in Verzug (etwa Einsturzrisiko) ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeiten einzustellen und die Beschäftigten unverzüglich zu unterrichten und von der Gefahrenstelle zu entfernen. Auch jenseits von Gefahrensituationen gilt das Direktionsrecht: Der Arbeitgeber entscheidet, ob bei bestimmten Umständen (z.B. Unwetter) die Arbeit abgebrochen wird. Laut BRTV haben Arbeiter bei plötzlichem Witterungsausfall zunächst auf der Baustelle zu verbleiben, bis der Arbeitgeber eine Entscheidung trifft, ob weitergearbeitet oder abgebrochen wird. Diese Entscheidung – z.B. „Wir stellen die Arbeiten für heute ein wegen Sturm“ – ist den Arbeitnehmern mitzuteilen und gilt dann für den Rest des Tages verbindlich. Bei längerfristigen Unterbrechungen (z.B. Baustopp über mehrere Wochen) sind ggf. Betriebsratsanhörungen und Anzeigen bei der Agentur für Arbeit (für Kurzarbeitergeld) erforderlich. Außerdem sollte der Arbeitgeber die Mitarbeiter über die voraussichtliche Dauer der Unterbrechung informieren, damit sie planen können. Arbeitsrechtlich heikel können zudem Werkverträge mit externem Personal sein: Viele Bauunternehmen setzen Subunternehmer oder selbstständige Werkunternehmer ein. Wenn eine Baustelle ruht, haben auch diese Werkunternehmer einen Annahmeverzugsanspruch gegen den Auftragnehmer (GU), falls der Stillstand aus Sphäre des GU/AG kommt. Das heißt, der GU müsste etwaige Stillstandskosten der Nachunternehmer ebenfalls tragen – es sei denn, die Verträge schließen dies aus oder sehen eigenständige Kurzarbeitsklauseln vor. In GU-Verträgen mit Nachunternehmern wird oft geregelt, dass Behinderungen analog VOB/B gehandhabt werden: Der Nachunternehmer muss dem GU die Behinderung anzeigen und erhält bei Anerkennung eine Fristverlängerung; Vergütung für Wartezeiten erhält er meist nur, wenn der GU seinerseits vom Bauherrn Ersatz bekommt. Solche Kaskadenklauseln sollen den GU vor Ansprüchen schützen, die er nicht weiterreichen kann. Allerdings können in langen Vertragsketten auch arbeitsrechtliche Aspekte auftreten, etwa wenn Nachunternehmer ihr Personal mangels Beschäftigung abbauen müssen (Stichwort: „Leerlaufpersonal“).

  • Ein weiterer Aspekt ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers: Sollte eine Behinderung erhebliche Unsicherheiten für die Belegschaft bringen (etwa drohender Baustopp für unbestimmte Zeit), erwarten Betriebsräte und Arbeitnehmerinformationen nach § 92a BetrVG (Unterrichtung über Auftragslücken etc.). Im Fabrikbau kann dies relevant sein, wenn z.B. ein Projekt auf Eis gelegt wird – das Unternehmen muss dann gegebenenfalls sozialverträgliche Maßnahmen (Kurzarbeit, Versetzung, Qualifizierung) prüfen.

  • Werkvertrag vs. Arbeitnehmerüberlassung: In der Bauindustrie ist abzugrenzen, ob externe Arbeitskräfte als Werkunternehmer oder als Leiharbeitnehmer tätig sind. Bei echten Werkverträgen gelten obige Grundsätze (der Werkunternehmer trägt sein Beschäftigungsrisiko zunächst selbst, kann aber Ansprüche bei Behinderung stellen). Bei Arbeitnehmerüberlassung hingegen trägt der Verleiherbetrieb das Risiko und kann seine Leiharbeitnehmer bei Auftragsflaute abmelden. Die rechtlichen Konsequenzen für Behinderungen hängen also von der Beschäftigungsform ab. Oft bestehen in Bauverträgen auch Regelungen zu Vertragsstrafen bei Verzug, die indirekt arbeitsrechtlich wirken: Droht dem AN eine hohe Vertragsstrafe wegen Terminüberschreitung, wird er versuchen, mit Überstunden oder Schichtarbeit verlorene Zeit aufzuholen – was wiederum Arbeitszeitgesetz und Mitbestimmung tangiert.

  • In Summe erfordern Behinderungen ein enges Zusammenspiel von Bauvertragsrecht und Arbeitsrecht. Der Bauunternehmer muss neben der Sicherung seiner vertraglichen Ansprüche auch die Entgeltfortzahlung und Einsatzplanung seiner Belegschaft steuern. Tarifverträge (wie der BRTV) und gesetzliche Instrumente (Kurzarbeit, Annahmeverzug) bieten hier einen Rahmen, um wirtschaftliche Schäden abzufedern. So wurde die finanzielle Last von witterungsbedingten Winterausfällen durch das Saison-Kurzarbeitergeld bewusst zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Sozialkasse verteilt. Bei anderen Behinderungen kann der AN zumindest versuchen, Lohnkosten als Schaden dem Verursacher aufzuerlegen (BGH und OLG-Rechtsprechung bejahen dies bei AG-Verschulden). Wichtig ist stets eine klare Kommunikation: Der Arbeitgeber sollte seine Leute zeitnah informieren, ob und wie es weitergeht, um arbeitsrechtliche Ansprüche (z.B. auf Annahmeverzugslohn) transparent zu halten.

Branchenspezifika im Fabrikbau: Besonderheiten bei Planung, Genehmigung und Umsetzung

Fabrikbauprojekte – also die Errichtung von Industriebauten und Produktionsstätten – weisen gegenüber dem allgemeinen Hochbau einige Besonderheiten auf, die das Behinderungsmanagement beeinflussen. Zunächst sind Fabrikbauten häufig durch ehrgeizige Zeitpläne gekennzeichnet, da der Investor (Industrieunternehmen) die Produktion schnell aufnehmen will. Die Inbetriebnahme einer Fabrik ist oft an einen festen Termin gekoppelt (z.B. Start der Produktionslinie), sodass Verzögerungen besonders kostspielig sind. Dies führt dazu, dass GU-Verträge im Fabrikbau meist strikte Fertigstellungstermine mit hohen Vertragsstrafen für Verzugsfälle vorsehen. Die Konsequenz: Der GU steht unter erheblichem Druck, jede Behinderung sofort zu kommunizieren und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. In der Praxis des Anlagen- und Fabrikbaus ist es üblich, dass bei drohendem Verzug Beschleunigungsmaßnahmen vereinbart werden (z.B. Überstunden, Parallelarbeiten), oft auf Kostenbeteiligung des AG. Eine formale Behinderungsanzeige kann hier der Ausgangspunkt für solche Verhandlungen sein: Der GU meldet die Störung und bietet dem AG alternativ an, durch Zusatzaufwand die Verzögerung wettzumachen (gegen entsprechende Vergütung). Dieses proaktive Change Management ist in Fabrikbauprojekten ausgeprägt, um Liefertermine zu halten.

Ein weiterer branchentypischer Aspekt ist die Planungstiefe und -änderung. Industriebauten werden häufig „im laufenden Planungsprozess“ errichtet, d.h. die Ausführungsplanung ist bei Baubeginn nicht vollständig abgeschlossen. Änderungen im Anlagenkonzept oder im Produktionsablauf können während der Bauausführung auftreten. Solche Änderungswünsche des Bauherrn (z.B. andere Maschinenaufstellung, zusätzliche Versorgungseinrichtungen) führen zu Leistungsänderungen und potenziell zu Behinderungen, wenn z.B. bereits begonnene Arbeiten angepasst oder unterbrochen werden müssen. Im Fabrikbau kommt hinzu, dass viele Planungsgewerke (Architektur, TGA, Maschinenplanung) verzahnt arbeiten müssen. Die Koordinationsanforderung ist hoch, und eine Verzögerung in einem Planungsbereich (etwa verspätete Freigabe der Maschinenfundamentpläne durch den Anlagenlieferanten) kann den gesamten Bauablauf stören. Praktisch bedeutet dies, dass GU im Fabrikbau vertraglich oft ein Mitwirkungsrecht/-pflicht des Bestellers an der Planung verankern: Der Industriekunde muss z.B. seine Prozessdaten rechtzeitig liefern. Tut er dies nicht, hat der GU einen Behinderungsgrund. Genehmigungsfragen spielen ebenfalls eine erhebliche Rolle: Fabriken unterliegen neben dem normalen Baurecht häufig dem Immissionsschutzrecht (BImSchG-Genehmigung). Die Erteilung solcher Betriebsgenehmigungen kann den Bau verzögern, wenn etwa Auflagen zu erfüllen sind. Ein typisches Beispiel: Die BImSchG-Genehmigung für eine Produktionsanlage verzögert sich, sodass bestimmte Anlagenteile nicht installiert werden dürfen – der Bau gerät ins Stocken. Hier ist im Vorfeld zu klären, ob der GU oder der Bauherr die Verantwortung für die Genehmigungsrisiken trägt. Üblicherweise bleibt die behördliche Betriebsgenehmigung beim Besteller; verzögert sie sich, wäre das ein vom AG zu vertretendes Behinderungsrisiko (ähnlich der verspäteten Baugenehmigung).

Umsetzung und Bauablauf im Fabrikbau bringen zudem logistische Herausforderungen: Oft sind Sondermaschinen und Fertigungslinien zu integrieren, die von Drittlieferanten zum Bauprojekt beigesteuert werden. Die Montage dieser Anlagen muss mit dem Baukörper abgestimmt werden. Kommt ein Maschinenlieferant in Verzug, hat das faktisch eine Behinderung des GU zur Folge (er kann z.B. den Hallenboden nicht fertigstellen, weil die Maschine dort hätte verankert werden sollen). Vertraglich handelt es sich aber um einen Schnittstellenfall: Der Maschinenlieferant ist nicht Vertragspartner des GU (sondern des Bauherrn). Daher muss der Bauherr dem GU gegenüber für solche Fremdverzögerungen einstehen. Es empfiehlt sich, im GU-Vertrag klar zu regeln, wie mit Bauseitigen Leistungen (Lieferung von Maschinen, Material durch AG) umzugehen ist. Ohne solche Regelung würde man auf die generelle Risikosphären-Verteilung abstellen: Lieferverzögerungen eines vom AG beauftragten Dritten wären dem AG zuzurechnen, was dem GU eine Fristverlängerung und ggf. Entschädigung eröffnen kann. Ein konkretes Beispiel aus der Rechtspraxis: Verzögert der AG die Anlieferung einer vom AG gestellten Produktionsanlage, so liegt eine Behinderung aus AG-Bereich vor – der GU muss dies anzeigen und kann die Standzeiten seiner Teams als § 642-BGB-Entschädigung geltend machen, solange die Anlage fehlt. Für den Bauherrn ist dies kritisch, weil er einerseits selbst unter Zeitdruck steht, andererseits nun Mehrkosten tragen müsste. Daher sind in Fabrikbauverträgen oft Pufferzeiten und Kooperationsklauseln vorgesehen, um solche Kollisionen abzufedern.

Branchenspezifisch ist auch die Parallelität von Bau und Inbetriebnahme. In Fabriken kommt es vor, dass bereits während Restarbeiten erste Maschinentests laufen. Solche Überlappungen können behinderungsanfällig sein: z.B. muss der Bauunternehmer zeitweise pausieren, während der Auftraggeber Probeläufe seiner Anlagen durchführt – oder umgekehrt. Im Vertrag sollte geklärt sein, ob solche betrieblichen Unterbrechungen als Behinderung gelten. Oft wird vereinbart, dass Probeproduktionen des AG als Mitwirkungshandlungen gelten, die keine Vertragsstrafe auslösen dürfen und zu Terminverschiebungen berechtigen. Wiederum ist hier die Behinderungsanzeige das Mittel, um das geänderte Vorgehen formell festzuhalten.

Auch Sicherheitsauflagen und Werksvorschriften bei Industriebauten spielen in das Behinderungsmanagement hinein. Fabrikgelände unterliegen mitunter strengen Sicherheitsregeln (z.B. Zugangsbeschränkungen, besondere Arbeitsschutzvorschriften). Werden dem Bauunternehmen solche Regeln auferlegt, die den Ablauf bremsen (etwa lange Genehmigungsprozeduren für jeden Brand-Schweißvorgang in Chemiebetrieben), muss geprüft werden, ob dies vertragskonform ist oder eine nachträgliche Behinderung darstellt. In GU-Verträgen werden solche Werksstandards des AG oft als gegeben vorausgesetzt, weshalb der GU diese einkalkulieren muss. Sollte der AG jedoch während der Bauausführung neue Auflagen erlassen (z.B. aufgrund eines Unfalls verstärkte Sicherheitskontrollen), kann der GU einen Mehrzeit- oder Mehrkostenanspruch haben, sofern eine Behinderung entsteht.

Planungsvorlauf und Behördenkoordination im Fabrikbau sind ebenfalls besondere Felder: Ein Industriebauprojekt erfordert u.U. parallele Verfahren – Bebauungsplanänderungen, immissionsschutzrechtliche Genehmigungen, ausländerrechtliche Genehmigungen für Spezialmonteure etc. – die alle den Baufortschritt beeinflussen können. Verzögert sich eine dieser Komponenten, kann es zu Bauunterbrechungen kommen. Professionelle Vertragspartner vereinbaren hier oft Kooperationspflichten: Der Bauherr verpflichtet sich, erforderliche behördliche Zulieferungen zeitgerecht zu organisieren, während der Bauunternehmer verpflichtet wird, einen Genehmigungsfahrplan zu erstellen und den AG an Deadlines zu erinnern. Scheitert dies, werden vertraglich Puffer gezogen oder Entschädigungsregeln getroffen, um Klarheit zu schaffen.